Die Chinesische Kulturrevolution

Die grosse Proletarische Kulturrevolution

Nach zwei gescheiterten kulturrevolutionären Bewegungen startete der Vorsitzende der Kommunistischen Partei Chinas Mao Zedong im Jahr 1966 die Große Proletarische Kulturrevolution, die bis zu seinem Tod 1976 andauerte. Maos so genanntes "Rundschreiben vom 16. Mai" 1966, in dem die Kampagne zum „außerordentlichen scharfen Klassenkampf“ erklärt wurde, erwähnte erstmals ausdrücklich die Große Proletarische Kulturrevolution. Der Parteivorsitzende bildete die berüchtigten „Roten Garden“, die gegen die so genannten Alten Vier – die alten Ideen, die alte Kultur, die alten Bräuche und die alten Gewohnheiten – als verdiente Funktionäre und Intellektuelle martialisch vorgingen. In dieser Form radikalisierte sich der Kulturkampf schnell zum Terror gegen Teile der Bevölkerung, um die schwindende Macht von Mao Zedong zu stärken. Im Rahmen der proletarischen Kulturrevolution überrannte China Tibet, in das es 1950 eingefallen war, mit einer ungeheuerlichen Zerstörungswelle, die über eine Million Tote forderte. An dem Kulturaufstand im Land selbst beteiligten sich schätzungsweise rund 100 Millionen Menschen, ca. 60% der Funktionäre fielen der Säuberung zum Opfer und etwa eine halbe Million Landsleute fanden den Tod.

Vorgeschichte

In der Zeit 1957/58 startete die so genannte Hundert-Blumen-Bewegung als systemische Korrekturkampagne, in der das politische System nicht nur von der Partei gestaltet werden sollte, sondern auch vom Volk. Es durfte und sollte sich kritisch zu Staat und System äußern und damit Einfluss nehmen. Das Echo aus der Bevölkerung überforderte Funktionäre und Staat, so dass Mao in seiner Rede vom 7. Februar 1957 die Bewegung wieder für beendet erklärte. Es folgte der „Große Sprung nach vorn“ als eine wirtschaftspolitisch orientierte Kampagne von 1958/59, die den wirtschaftlichen Rückstand auf westliche Industrieländer verkleinern und im Land die Unterschiede zwischen Stadt und Land sowie Landwirtschaft und Industrie beseitigen sollte. Doch auch das Unternehmen scheiterte 1962 endgültig. Sie forderte Maos Parteigegner Liu Shaoqi und Deng Xiaoping heraus und ließ seine eigene Macht dramatisch sinken.

Die Große Proletarische Kulturrevolution

Mao Zedong bemühte sich nach dem "großen Sprung nach vorn" der Gongchandang, der Kommunistischen Partei Chinas, wieder ihre revolutionäre Schlagkraft zu verleihen. Ende 1965 löste er die Große Proletarische Kulturrevolution als Erneuerungsbewegung aus. Im August 1966 bildeten sich auf sein Geheiß die Roten Garden, Hongweibing, zahllose Gruppen aus Schülern und Studenten. Innerhalb von sechs Massenversammlung marschierten über zehn Millionen Teilnehmer auf dem Tiananmen-Platz, dem Platz des Himmlischen Friedens in Peking auf. Dort verkündete er ihnen den „Schlag gegen die Alten Vier“ als die alten Ideen, die alte Kultur, die alten Bräuche und die alten Gewohnheiten. Schnell entwickelten sich im Namen der Revolution blutige Aktionen gegen Funktionäre und Intellektuelle und nicht zuletzt sogar gegen eigene Verwandte und Eltern der Roten-Garde-Mitglieder. Maos Kulturrevolution sähte unter Teilen der Bevölkerung Denunziation, Misstrauen, Bespitzelung und Verrat. Die Geswaltausbrüche der Roten Garden richteten sich aber auch gegen alte Kulturgüter, die verwüstet und zerstört wurden.

Opferland Tibet

In der Zeit der Großen Proletarischen Kulturrevolution von 1966 bis 1969 verbreiteten die Chinesen eine ungeheuerliche Zerstörungswelle im besetzten Tibet mit seiner uralten Tradition. Dabei wurden nicht nur rund 1,2 Millionen Tibeter getötet, darunter viele Mönche und Nonnen, sondern auch rund 6.500 Tempel- und Klostergebäude zerstört. Mehr als 90% der Mönche und Nonnen in Tibet konnten in dieser Zeit nicht mehr ihre Religion ausüben.

Der Umsturz kippt

Die Roten Garden wurden immer stärker und besetzten im Sommer 1967 Teile des Staatsapparates. Die Regierung konnte nicht mehr aus eigener Hand handeln. Maos Macht verschwand zusehends. Er mobilisierte Armee und Arbeiter, die sich zum Teil mit Waffengewalt gegen die Roten Garden wandten. Der Konflikt forderte Tausende von Opfern. Mitte 1968 wurden die Roten Garden zurückgezogen, Millionen Teilnehmer mussten zur Umerziehung aufs Land. Für einen Großteil der Betroffenen kehrte damit Frieden ein, nicht aber für viele kritische Intellektuelle, die als Klassenfeinde verfolgt, gequält und getötet wurden.

Das Ende

Im Jahr 1969 wurde die Große Proletarische Kulturrevolution offiziell für beendet erklärt, doch aus der KP Chinas wurde keine Partei mit mehr Revolutionspotenzial, wie einst von Mao verkündet. Die Kampagne brachte ihn dennoch wieder an die unangefochtene Spitze der politischen Macht. In den einstigen Weggenossen Maos, Liu Shaoqi und Peng Dehuai forderte der blutige Umsturz-Versuch etablierte Opfer. Zahlreiche Menschen brachten sich während dieser Zeit selbst um, darunter der berühmte Schriftsteller Lao She. Noch bis zu Maos Tod im Jahr 1976 wurden besonders kritische Intellektuelle im Namen der Kulturrevolution als Klassenfeinde denunziert, verfolgt und ermordet. Erst mit Maos Ende war auch die von ihm losgeschlagene blutige Kulturrevolution beendet.



(CK, 04. 2016)