Das CERN Projekt

Eines der größten wissenschaftlichen Projekte aller Zeiten

Das CERN in Genf (Conseil Européen pour la Recherche Nucléaire), die ausgeschriebene offizielle Bezeichnung lautet European Organization for Nuclear Research, ist das weltgrößte Forschungszentrum auf dem Gebiet der Teilchenphysik. Dort lassen Wissenschaftler Elementarteilchen miteinander kollidieren, um so der Entstehung des Universums auf die Spur zu kommen oder neue Eelemtarteilchen zu entdecken. Nach seiner provisorischen Grundlegung im Jahr 1952 durch zwölf europäische Staaten wurde am 29. September 1954 offiziell die Gründungsurkunde des CERN unterzeichnet. Das LHC-Projekt des europäischen Kernforschungszentrums, Nachfolger des LEP-Beschleunigers, ist eines der größten wissenschaftlichen Projekte aller Zeiten. Viele Ergebnisse des weltgrößten Teilchenbeschleunigers gelten als Meilensteine und Pionierleistungen in der Teilchenphysik. Zu den bekanntesten CERN-Errungenschaften zählen unter anderem die Erzeugung von Atomen aus Antimaterie, die Urknall-Simulation oder die Entdeckung eines neuen Elementarteilchens, hinter dem Wissenschaftler das Higgs-Boson oder Gottesteilchen vermuten. Doch in Genf werden mit den anderen Beschleunigern und Detektoren zusätzliche Experimente wie Erforschung von Hadronstruktur, Neutrinooszillation oder Dunkler Materie durchgeführt. Nicht zuletzt werden dort neue Erkenntnisse auf den Gebieten der Tieftemperatur-Technik, Supra-Leitung, der Medizintechnik, Vakuumtechnik, Mikro-Elektronik und im Bauingenieurwesen gewonnen.

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Gründung, Ausbau und Ergebnisse

Im Jahr 1952 trafen sich Vertreter von elf europäischen Regierungen, die eine Vereinbarung zu der zunächst provisorischen Organisation CERN unterzeichnen. Bereits im Mai des gleichen Jahres traf sich erstmals der vorläufige Rat des CERN in Paris. Die Konferenz in Amsterdam im Oktober 1953 entschied sich für den Standort Genf. Am 24. Februar 1953 erfolgte die 1. Konferenz des CERN-Rates. Auf der sechsten Konferenz, am 29. September 1954, unterzeichneten insgesamt zwölf europäische Staaten die Gründungsurkunde, darunter Schweiz, Frankreich, Belgien, Dänemark, Deutschland, Griechenland, Vereinigtes Königreich, Italien, Jugoslawien, Niederlande, Norwegen und Schweden. Sieben der zwölf Vertreter der Mitgliedstaaten ratifizierten den Staatsvertrag zur Gründung des gemeinschaftlichen europäischen Forschungszentrums. Felix Bloch, erster CERN-Generaldirektor, legte am 10. Juni 1955 den Grundstein. Zwei Jahre später wurde der Beschleuniger Synchro-Zyklotron (SC) in Betrieb genommen. Er beschleunigte bis zu seiner Abschaltung 1990 Protonen auf eine Energiemenge von bis zu 600 Mega-Elektronenvolt (MeV). Im Jahr 1959 begann die Arbeit des Protonen-Synchrotron (PS), eines Beschleunigers, der seinerzeit die weltweit höchste Protonenenergie von 28 GeV entwickelte.

Endeckungen, Erfindungen und Leistungen

Im Jahr 1968 erfand Georges Charpak am CERN die Vieldraht-Proportionalkammer, einen Teilchendetektor. Die Leistung von bis zu einer Million aufgezeichneten Teilchenspuren pro Sekunde stellte einen Wendepunkt im Teilchennachweis dar. Dafür erhielt der Wissenschaftler 1992 den Nobelpreis. Im Jahr 1971 nahmen der erste Protonen-Speicherring, Intersecting Storage Ring (ISR), und die große europäische Blasenkammer (BEBC) zur Untersuchung von Neutrino-Reaktionen die Arbeit auf. Zwei Jahre darauf entdeckte der französische Wissenschaftler André Lagarrigue die neutralen Ströme der Z0-Teilchen in der flüssigkeitsgefüllten Gargamelle-Blasenkammer. Im Jahr 1976 wurde der Beschleuniger Super-Protonen-Synchrotron (SPS) mit einem Bahnumfang von 7 km und einer Energiemenge von 400 GeV in Betrieb genommen. Die Wissenschaftler Carlo Rubbia und Simon van der Meer entdeckten 1983 am CERN die W- und Z-Bosonen. Im Oktober 1984 wurden sie dafür mit dem Nobelpreis ausgezeichnet. Mit einem Bahnumfang von 27 km Länge wurde der Large Electron-Positron Collider (LEP) im August 1989 in Betrieb gesetzt. Damit wurden Elektronen und ihre Antiteilchen (Positronen) auf 100 GeV beschleunigt und zum Zusammenstoß gebracht. Im Jahr 1996 gelang es erstmals Antiwasserstoff-Atome am LEAR-Speicherring herzustellen. 

Das LHC-Projekt

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Drei Jahre später begannen die Arbeiten am neuen Beschleuniger Large Hadron Collider (LHC), dem Nachfolger des LEP, der 2000 abgeschaltet und demontiert wurde. Für den unterirdischen Tunnel des LHC wurden rund 40.000 Tonnen Material bewegt. Um die Rechenkapazitäten für das LHC-Projekt zu stemmen, wurde das European DataGrid Project (EDG) für eine neue Computerinfrastruktur aus zehntausenden miteinander verbundenen Computern gestartet. Im Juni 2003 wurde mit der neuen Computerstruktur ein Rekord aufgestellt: Innerhalb einer Stunde wurde eine Datenmenge von einem Terabyte über eine Strecke von mehr als 10.000 Kilometer versendet. Im Oktober des gleichen Jahres wurde eine kurze Strecke des insgesamt 27 Kilometer langen LHC-Beschleunigers erfolgreich getestet. Im April 2003 startete das europäische Projekt EGEE (Enabling Grids for E-SciencE), um eine Infrastruktur für ein weltweites von der Wissenschaft genutztes Computernetz zu etablieren. Im Jahr darauf wurden weitere Teilstrecken und die Beschleunigungsaktivität bei voller Energieleistung erfolgreich getestet.  Im April wurde die Kühlanlage erfolgreich getestet: Sie schaffte erstmals – 271,4 Grad Celsius. Am LHC Computing Grid-Projekt beteiligten sich zu dieser Zeit mehr als 100 Rechenzentren aus 31 Ländern und es wurde eine zehntägige Übertragung von durchschnittlich 600 Megabyte Daten pro Sekunde über acht miteinander verbundene Rechenzentren erfolgreich getestet. Am 24. Mai 2008 wurde erstmalig ein Protonenstrahl in die Verbindungstunnel TI 2 und TI 8 eingeschleust. Im August des Jahres durchflogen zum ersten Mal Protonen einen drei Kilometer langen Tunnelabschnitt des LHC. Und am 10. September 2008 gelang die Premiere einer vollen Umrundung des LHC-Speicherringes.


Das LHC aktuell

Einen Grund für die Inbetriebnahme des LHC-Beschleunigers ist das so genannten Higgs-Boson, hinter dem CERN-Forscher bereits jahrelang hinterherjagen. Für 2012 sprach CERN-Forschungsdirektor Sergio Bertolucci eine vorsichtige Einschätzung aus, mit dem weltgrößten Teilchenbeschleuniger dem „Gottesteilchen“ und anderen neuen Elementarteilchen auf die Spur zu kommen. Heute zählt das CERN 20 Mitgliedsstaaten und rund 3.000 feste Mitarbeiter.

 

Bildquelle: CERN